Um es gleich vorwegzunehmen: Der große Nachteil der Abbildung des Einkaufsprozesses mit SAP MM allein ist die mangelnde Durchgängigkeit. Grund hierfür ist die Tatsache, dass innerhalb des Systems keine externen Lieferanten angebunden werden können. So lassen sich zum Beispiel Angebote nicht von Lieferanten einpflegen, wie dies mit der Integration von Ausschreibungsplattformen wie dem Sourcing Modul von SAP Ariba, Futura Solutions oder BeNeering Simple Sourcing üblich ist.

Drei wichtige Fragen zum Einkaufsprozess mit SAP MM

Was ist die größte Stärke des Einkaufsprozesses mit SAP MM?

Die große Stärke von SAP MM ist die Integration mit anderen SAP ERP Modulen wie z.B. SAP Controlling für die Kostenzuordnung im Unternehmen und SAP FI für die Zahlung der Rechnungen der Lieferanten 

Was ist die größte Schwäche des Einkaufsprozesses mit Hilfe des SAP ERP Systems?

Wie oben schon bereits vorweggenommen, ist hier die mangelnde Integration von Lieferanten zu nennen. Der Grund ist die Sicherheit, denn es möchte kaum ein Unternehmen seine Firewall öffnen und so neben den gewünschten Lieferanten auch möglichen kriminellen Zugang auf das vorhandene ERP System mit sensiblen Daten gewähren.

Die Lösung kann eine Hybride Cloud sein, welche das vorhandene ERP mit einer im Internet verfügbaren Plattform koppelt, wie zum Beispiel Guided Buying.

Welche Aufgaben und Prozesse deckt das SAP Modul MM neben dem Einkauf ab?

Neben dem Einkauf deck SAP MM noch weitere integrierte Aufgaben der Materialwirtschaft ab, z.B.:

  • Materialdisposition 
  • Bestandsführung 
  • Lagerverwaltung 
  • Logistik-Rechnungsprüfung 
  • Stammdaten-Management 

Der SAP ERP Beschaffungsprozess im Überblick

Externe Beschaffung

Der Beschaffungsprozess von einem externen Lieferanten ist in nebenstehender Abbildung dargestellt.

Dieser Ablauf gilt folgende Beschaffungen:

  • Lagermaterial 
  • Verbrauchsmaterial 
  • Lohnbearbeitungsmaterial 
  • Dienstleistungen 
  • Katalogartikel (über die Anbindung von elektronischen
    Katalogen als Punch-Out per OCI) 

Ausgehend von einem konkreten Bedarf, der sich aufgrund einer manuellen Anforderung aus dem Fachbereich oder im Rahmen der Disposition ergibt, oder aus anderen Modulen wie der Instandhaltung (Modul PM), wird eine Banf (Bestellanforderung) erstellt.

Mit der Bestellanforderung wird der Einkauf vom Fachbereich aufgefordert, Materialien und/ oder Dienstleistungen in vorgegebener Menge zu einem vorgegebenen Termin zu beschaffen. Eine Bestellanforderung kann manuell angelegt werden oder sie entsteht im Rahmen der Bedarfsplanung im Zusammenspiel mit anderen Modulen, wie der Instandhaltung (PM). Für Bestellanforderungen können je nach Organisationsstruktur auch mehrstufige Freigabeverfahren definiert werden.

Die Freigabe von Bestellanforderungen ist dieentspricht der Genehmigung der Anforderung des Fachbereichs zur Beauftragung des Einkaufs. Je nach Wert, Warengruppe, Kontierungstyp und Werk kann festgelegt werden, dass eine Banf-Position erst dann in eine Bestellung umgesetzt werden kann, wenn ein bestimmtes Freigabeverfahren durchlaufen ist. Dann wäre die Genehmigung erteilt. Die Freigabe einer Bestellanforderungsposition hängt von folgenden Positionen ab:

  • Freigabestrategie:
    Die Freigabestrategie legt fest, welche Personen in welcher Reihenfolge eine Bestellanforderung freigeben müssen.
  • Freigabebedingungen:
    In den Freigabebindungen ist angegeben, welche Freigabestrategie zum Beispiel in Abhängigkeit von Wert und/ oder Warengruppe einer Bestellanforderung zuzuordnen ist.
  • Freigabekennzeichen:
    Anhand des Freigabekennzeichen ist ersichtlich, ob eine Position bestellt werden kann, je nachdem ob sie komplett freigeben wurde oder ob noch weitere Freigaben erforderlich sind.
  • Freigabeverfahren:
    Bestellanforderungen können einzeln freigegeben werden oder mit Hilfe der sogenannten Sammelfreigabe. Dabei werden alle Bestellanforderungen, die einem bestimmten Kriterium genügen, gleichzeitig freigegeben. Zusätzlich kann mithilfe des Klassensystems von SAP ERP ein Freigabeverfahren definiert werden. Damit lassen sich die Kriterien für Banfen, die einer Freigabe unterliegen sollen, flexibler angeben als bei dem herkömmlichen Freigabeverfahren ohne Klassifizierung.

Eine Banf wird im Einkauf entweder direkt in eine Bestellung umgesetzt oder es wird zunächst eine Anfrage an mögliche Lieferanten erstellt.

Anfragen werden eingesetzt, um Angebote über Preise, Lieferzeiten, Liefer- und Zahlungsbedingungen einzuholen. Sie werden in der Regel im System erstellt und an mehrere Bieter gerichtet mit der Bitte, bis zu dem angegebenen Termin ein Angebot zu erhalten. Eine Anfrage kann für Bieter mit Lieferantenstammsatz oder für CpD-Kreditoren (Conto pro diverse) erfasst werden. Bei letzteren Stammsätzen werden die Anschrift-Daten erst beim Erfassen der Anfrage gepflegt. Anfragen lassen sich mit Vorlage einer anderen Anfrage, einer Bestellanforderung oder eines Rahmenvertrags erstellen.

In den Anfragen werden die eingehenden Angebote von Mitarbeitern mit SAP Zugang erfasst. Das entspricht allerdings nicht dem gewünschten Standard, denn die Angebote können nicht von den Lieferanten im SAP des einkaufenden Unternehmens erfasst werden.

Eine automatisierte Lösung kann hier eine Hybride Cloud Lösung bieten, mit der Lieferanten Ihre Angebote online erfassen, welche wiederum automatisch nach Freigabe an das SAP übergeben werden. Siehe Simple Sourcing

Um das beste Angebot mit Hilfe des Systems zu ermitteln, kann ein Angebotsvergleich mit Hilfe des Preisspiegels durchgeführt werden.  Ergänzende Informationen lassen sich durch einen Lieferantenvergleich abrufen. Falls gewünscht, können die Preis- und Kosteninformationen der interessantesten Angebote in Einkaufsinfosätze gespeichert werden. Den unterlegenen Bietern kann per System abgesagt werden. Die Übernahme in Einkaufsinfosätze und die Absagen werden über Kennzeichen in den Anfragepositionen gesteuert.

Nach dem Erfassen der Angebote zu dieser Anfrage kann dann beim ausgewählten Lieferanten bestellt werden.

Die Bestellung ist eine vertragliche Vereinbarung mit dem Lieferanten zur Lieferung oder Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen.

Bei Dienstleistungen werden SAP-Leistungserfassungsblätter für die Bestätigung der Leistung genutzt. Eine Warenlieferung wird in Form eines Wareneingangs mit Bezug zur Bestellung erfasst. Dabei wird entweder der in der Bestellung angegebene Kostenträger (Kostenstelle, Auftrag oder Projekt) für den Direktverbrauch belastet oder dem Lagerbestand zugebucht.

Beim Eingang der Lieferantenrechnung kann diese mit Bezug zum Wareneingang oder der Bestellung im System erfasst werden. Mögliche Differenzen werden angezeigt.

Umlagerungsbestellung

Die Beschaffung bei einem anderen Werk in Form einer internen Beschaffung (Umlagerungsbestellung) ist in folgender Abbildung dargestellt.

Neben der Bestellung, dem Wareneingang und der Rechnungsprüfung im bestellenden Werk können im liefernden Werk mit der Komponente Vertrieb (SD) die Lieferung und die Faktura erzeugt werden.